Calotrade versus was braucht mein Körper wirklich?
Vor einigen Tagen habe ich euch auf Instagram und Facebook das Startup „Calotrade“ vorgestellt. Ihr habt ein bisschen zuviel gegessen und möchtet die überschüssigen Kalorien loswerden? Keine Sorge, das schlechte Gewissen nach dem Magnum oder den Nachos während des Netflix Binge Watchings muss nicht mehr sein. Loggt euch auf „Calotrade ein“ und findet einen passenden Tauschpartner, der heute eine Laufrunde extra gemacht hat. Klingt irgendwie schräg? Natürlich ist es unmöglich Kalorien zu handeln oder zu tauschen. Das wäre auch zu schön, um wahr zu sein. Warum also Calotrade? Ich möchte euch in den nächsten Tagen auf ein Thema aufmerksam machen, das für viele spannend und sicher auch kontrovers ist.
Es geht um Energie. Wie sie in Form bestimmter Makronährstoffe bisweilen verteufelt wird, das Potential hat unsere Hüftpolster anwachsen zu lassen und trotzdem nicht aus unserem Alltag und unserer Ernährung wegzudenken ist. Bei Calotrade geht es ums Tauschen von Energiehaushalten. Das Startup würde vermutlich durch die Decke gehen, wenn das Konzept tatsächlich funktionieren würde. Heute ist es schwieriger denn je, auf seinen Energiebedarf zu achten. Warum? Weil sich Ernährungskonzepte zu Extremen entwickeln und wir häufig verlernt haben, auf unseren Körper und seine Bedürfnisse zu achten. Verschiedene Fitnesstrends und die Sehnsucht nach einem makellosen Äußeren sind allgegenwärtig und setzen uns unter Druck.
Januar und Februar sind vorbei und die Fitnessstudios lehren sich wieder. Der erste Schwung Abnehmwilliger ist zur Alltagsroutine zurückgekehrt. Wenn sich nicht die gewünschten Ergebnisse einstellen, verliert man schnell an Motivation. Man steht unzufrieden vor dem Spiegel und schwört sich in Momenten eiserner Disziplin, dass jetzt alles anders würde. Meist wird die Ernährung von heute auf morgen einmal komplett umgestellt und das Sportprogramm wird von 0 auf 100 hochgefahren. Das neue Lebensgefühl ist ein bisschen wie ein Mantel, der nicht so richtig passen will. Je länger man ihn trägt, desto mehr zwickt er und wird unbequem. Von einem Tag auf den anderen werden bestimmte Lebensmittel von der Einkaufsliste gestrichen. Die einen probieren es mit Low Carb, die anderen mit High Carb und Low Fat, die nächsten versuchen sich an einer basischen und veganen Ernährung.
Ernährungstrends haben sich in den letzten Jahrzehnten stetig gewandelt. Vom Bösewicht Fett über den Geheimtipp Trennkost zu Atkins aka der ketogenen Diät bis hin zur roh-veganen Bewegung. Jede neue Erkenntnis der Ernährungswissenschaftler oder Fitness-Gurus kokettiert mit demselben Versprechen, einer Sehnsucht die viele teilen: Endlich schön und schlank sein, fit werden und sich gut fühlen. Lebensglück für ein bisschen Verzicht. Mal davon abgesehen, dass einseitige Schönheitsideale deutlich häufiger Antrieb sind als der Wunsch nach einem gesünderen Leben, sind die Versprechender von Trenddiäten häufig unrealistisch. Einen gestählten Körper und Sixpack bekommt man nicht durchs Abnehmen, sondern durch Training. Die Cellulite verschwindet nicht mit dem Master Cleanse und Low Carb ist nicht unbedingt effektiver als High Carb. Schon gar nicht, wenn der eigene Körper nach Carbs verlangt. Worauf will ich eigentlich hinaus?
Das Geschäft mit dem Schlanksein ist ein sehr erfolgreiches. Wir investieren Zeit und Geld und sind häufig dennoch unzufrieden. Wir geben auf, etablieren keine neuen Routinen, lassen uns von der Dauer des Prozesses und dem utopischen Anspruch an Gesundheit und Körper anschrecken. In der Zeit der Instagram-Fitnessmodels ist der Druck gefühlt noch größer geworden. Das muss jedoch nicht sein. Der Schlüssel liegt nämlich darin, sich auf den eigenen Körper zu besinnen. Welche Ernährungsform passt zu mir? Wie finde ich das heraus? Was braucht mein Körper an Nährstoffen und Energie und in welcher Form führe ich mir diese zu?
Der Körper sucht sich sein Wohlfühlgewicht
Ich habe mit 32 Jahren beinah dasselbe Gewicht wie mit 16. Ich wiege keine 3kg mehr. Es gab jedoch immer wieder Phasen, in welchen mein Gewicht nach oben schnellte. Mit 15 Jahren und dank einer Menge Östrogen explodierten meine Kurven damals. Ein Jahr später hatte ich dank Laufsport wieder Normalgewicht. Mein Körper hatte sich auf 60kg eingependelt. Ich bin ein „Emotional Eater“ und eine unglückliche Beziehung führte zur nächsten Zunahme. Mit 20 Jahren legte ich in weniger als einem Jahr 20kg zu. Eine ganze Packung Milky Way Minis, 3 Teller Pasta und viel Käse an einem Abend fütterten meine Fettzellen rund. Durch Sport und eine normalisierte Ernährung suchte sich mein Körper immer wieder sein Wohlfühlgewicht. Trotz Aussetzer in der Ernährung und Sportpausen kehrte mein Körper kehrt immer wieder zu „seinem Gewicht“ zurück.
Jeder Körper braucht Energie
Wie es mir gelingt, mein Gewicht zu halten, ist kein Geheimnis. Ich beachte ein simples Konzept, das sich unter anderem am Intake von Kalorien orientiert. Natürlich nicht ausschließlich, das wäre nämlich zu kurz gedacht. Dennoch ist die Rechnung simpel. Der Körper benötigt eine bestimmte Menge an Energie. Nehmen wir zuviel davon auf, wird sie in Körperfett umgewandelt. Um Körperfett zu reduzieren, brauchen wir wiederrum ein Energiedefizit. Wer beispielsweise sein Gewicht bzw. Körperfett verringern möchte, braucht keine fancy Fitnessprogramme für 300 Euro und mehr (auch wenn sie Spaß machen!). Orientiert man sich an seinem Grund- und Gesamtumsatz, ist Gewichtskontrolle effektiv und nach kurzer Zeit auch intuitiv.
Der Grundumsatz für eine Frau berechnet sich nach der Mifflin-St. Jeor-Formel folgendermaßen: (9,99 x Gewicht in kg) + (6,25 x Größe in cm) – (4,92 x Alter in Jahren) – 161.
Für mich bedeutet dies:
(9,99 x 62) + (6,25 x 173) – (4,92 x 32) – 161
619,4 + 1081,3 -157, 4 – 161
Grundumsatz: 1382,3 = 1382 Kalorien
Den berechneten Wert sollte ich täglich zu mir nehmen, um meinen Stoffwechsel unbeeinträchtigt aufrecht zu erhalten und mein Immunsystem nicht zu schwächen. Zum Grundumsatz wird der Leistungsumsatz addiert. Dieser ist etwas komplizierter auszurechnen, weil man seine Sport- und Arbeitsroutinen relativ gut protokollieren muss. Jede Stunde Schlaf zählt, denn die PAL-Werte sollten genau erfasst werden. Mit einem Energiebedarfsrechner erhaltet ihr einen recht genauen Wert. Diesen addiert ihr zum Grundumsatz und erfahrt damit euren Gesamtumsatz. Mehr als den Gesamtumsatz solltet ihr nicht zu euch nehmen. Um den Körper nicht zu sehr zu beanspruchen, solltet ihr beim Abnehmen außerdem maximal 500 kcal unter eurem Gesamtbedarf liegen. Wer viel Sport macht, muss dementsprechend deutlich über seinem Grundumsatz essen. Abnehmen ist also nicht Verzicht, sondern das Haushalten von Energie. Energie erzeugen, verbrauchen, zuführen. Es braucht keine ausgefallenen Rezepte, sondern etwas Achtsamkeit.
Hungern in der westlichen Welt
Neben dem Grund- und Gesamtumsatz ist die Makro- und Mikronährstoffverteilung ausgesprochen wichtig. Wer sich ausschließlich von weißem Brot, Marmelade und fettem Käse ernährt, ist häufig mit Heißhunger konfrontiert. Zusätzlich fühlt man sich müde, die Haut sieht fahl aus und man ist anfälliger für Infekte. Ein bekanntes Problem der westlichen Welt ist „modernes Hungern“. Wir ernähren uns tendenziell zu energiereich und dabei häufig nährstoffarm. Das heißt, wir essen zuviel und trotzdem nicht genug, um unseren Nährstoffbedarf zu decken. Gegen diese Fehlernährung geht der Körper vor, indem er sprichwörtlich einen unstillbaren Appetit entwickelt. Der Körper verlangt, was man ihm vorenthält. Die einseitige Ernährung stresst und schwächt unseren Körper. Gleichzeitig begünstigt sie eine Gewichtszunahme. Eine ideale Makronährstoffverteilung entsprechend des täglichen Bedarfs kann einfach berechnet werden.
Neben einer angepassten Makronährstoffverteilung, sind Mikronährstoffe ein Schlüssel. Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind essentiell für einen gesunden Zellstoffwechsel. Führen wir dem Körper nicht genug zu, holt er sich was er braucht aus den bereits vorhandenen Depots im Bindegewebe, den Knochen oder der Haut. Zusätzlich sorgt der Mangel für oxidativen Stress und lässt uns schneller altern. Die Aufnahme leerer Kalorien wird häufig mit Nährstoffmangel assoziiert. Anstatt zum Apfel greifen wir zur Brezel oder einem Krapfen als Snack gegen das Nachmittagstief.
Natürlich wird körperlicher Stress auch durch einen übermäßigen Insulinstoffwechsel gefördert. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel sorgt dafür, dass Insulin ausgeschüttet wird. Insulin signalisiert dem Körper, dass Energie gespeichert und nicht freigesetzt werden soll. Glukose im Körper wird zu Glykogen umgewandelt und in den Zellen gespeichert, zeitgleich wird bereits gespeicherte Energie nicht freigesetzt. Je größer der Energiespeicher im Körper durch einen übermäßigen Verzehr an Kohlenhydraten, desto mehr Fettgewebe wird benötigt. Zusammengefasst bedeutet dies, dass wir bei falscher Ernährung schnell über unserem Bedarf liegen, trotzdem unterversorgt sind und unseren Körper nachhaltig schädigen. Eine einseitige Ernährung nach dem Grund- und Gesamtumsatz wäre also verkehrt. Es gilt, vollwertig und abwechslungsreich zu essen.
Intuitiv essen und genießen
Wenn Essen zur Wissenschaft wird und der Genuss auf der Strecke bleibt, verlieren viele die Lust. Was ist also die Lösung? Meines Erachtens kann man durchs Tracken seines Energiebedarfs lernen, was der Körper tatsächlich braucht. Vorausgesetzt man ernährt sich gesund und achtet auf eine vollwertige Ernährung. Und hört hin, wenn der Körper nach bestimmten Lebensmitteln verlangt. Und wenn es sich hierbei um das Stück Torte handelt, den Genuss auch nicht zu bereuen. Intuitiv zu essen kann man also trainieren. Es bedeutet, sich nicht auf eine steife Ernährungsform festzulegen, sondern den Körper im Fokus zu behalten. Für die einen kann dies mit dem Verzicht auf Fleisch einhergehen. Andere wiederum fühlen sich fit, wenn sie fettarm und kohlenhydratreich essen. Manche verzichten auf Getreide, andere auf Milchprodukte. Es gibt kein Patentrezept oder die eine „richtige Ernährungsform“, da jeder Körper andere Bedürfnisse hat. Dies zu erkennen, fällt einem nicht immer leicht. Wie intuitives essen für mich funktioniert und weshalb ich eine Zeit gebraucht habe, meinem Stoffwechsel entsprechend zu den richtigen Lebensmitteln zu greifen, erfahrt ihr im zweiten Teil.
* Dieser Beitrag wird von der WVZ unterstützt.
Liebe Mia,
vielen Dank, dass du dein Wissen mit uns teilst! Freue mich sehr über den Beitrag und auf den zweiten Teil :)! Bin durch dich vor einiger Zeit auf Dr. Feil gestoßen und habe es so zum ersten Mal geschafft, eine gesündere Ernährung langfristiger umzusetzen. Durch die Fülle an Informationen in diesem Bereich ist es eine Menge Arbeit, sinnvolles herauszufiltern, deswegen freue ich mich umso mehr, wenn Personen, die sich diese Arbeit schon gemacht haben, ihr Wissen -so angenehm aufbereitet wie in diesem Fall- teilen.
Vielen Dank für deine Arbeit und viele Grüße
Nadine
Awwrrrrrr…das ist so lieb! Ich danke dir!