Intuitiv essen
Vor einigen Tagen habe ich euch von Calotrade, Fitnesstrends und dem Energiestoffwechsel erzählt. Wie man isst und sich bewegt, ist Teil eines Lifestyles geworden und präsenter denn je. Wir leben in einer Gesellschaft, in der uns prinzipiell jede Ernährungsform möglich gemacht wird. Trotzdem hadern wir mit Übergewicht, sind wiederholt auf Diät und unzufrieden mit unserer Figur. Wir stehen zuhause vor dem Spiegel und glotzen genervt auf unser Hüftgold, während uns von den Titelblättern der Magazine schöne Ladies mit Sixpack und schmaler Taille anlachen. Skinny, superfit oder kurvenreich. Durchschnittlich kann ja jeder, daher ist Selbstoptimierung Pflicht. Kalorien via App zu tracken oder wie in einer Wunschvorstellung bei Calotrade tauschen zu wollen ist gängiger, als abends mit gutem Gewissen Pasta zu essen. So zumindest mein Eindruck, wenn ein Makronährstoff nach dem anderen – je nach Ernährungstrend – zum neuen Bösewicht erkoren wird.
Ein verändertes Ernährungsbewusstsein bringt vorwiegend Gutes mit sich, denn ein gesunder Körper ist wichtig. Was braucht mein Körper jedoch tatsächlich? Mit welcher Ernährung fühle ich mich wohl? Um das Herauszufinden, braucht es nicht viel. Wenige Tage reichen bereits aus. Wenn man seine Ernährung umstellt, reagiert der Körper meist sehr schnell. Was passiert, wenn ich auf lactosehaltige Lebensmittel verzichte? Was passiert, wenn ich mehr Gemüse esse? Wie reagiert mein Stoffwechsel auf eine kohlenhydratreduzierte, vegane oder fettarme Ernährung? Geht mein Energielevel hoch? Fühle ich mich fitter? Was passiert mit meiner Haut? Wie verändert sich mein Schlafverhalten? Ein Sixpack allein ist kein Indikator für einen gesunden Lebensstil. No pain so gain, ist das eine. Wirklich auf die Bedürfnisse seines Körpers zu achten, genau hinzuhören, etwas anderes. Sich intuitiv zu ernähren, ist für mich der achtsame Weg zu einem gesunden Körperbewusstsein.
Wie funktioniert das eigentlich? Wie schärfe ich meine Sinne und finde heraus, welche Lebensmittel mir gut tun. Ist der Appetit ein Indikator? Ja und wieder nicht, denn intuitives Essen erfordert viel Nachfühlen und das Hinterfragen des eigenen Ernährungsverhaltens. Um sich das bewusst zu machen, hilft es sämtliche Regeln zu streichen. Das heißt, dass man isst wozu man Lust hat. Man verbietet sich nichts mehr. Ein vergleichbares „Experiment“ habe ich erst jetzt in den USA durchgeführt. Für etwa zwei Wochen habe ich meine gesamte Ernährung über den Haufen geworfen. Während ich sonst morgens Haferflocken oder Protein Pancakes aß, mittags Lizza mit Grillgemüse in den Ofen schob und am Abend Süßkartoffeln und im Nachgang einen Bananensmoothie mit Ahornsirup verspeiste, verfiel ich die ersten Tage in einen absoluten Bingemodus.
Morgens im Café French Toast und Waffeln, mittags Grilled Cheese Sandwich, Pizza von Sizzle Pie, veganen Kuchen und Erdnussbutter-Desserts aus dem Kühlfach. Hier und da gab es einen Salat, der jedoch vom Besuch der Cheesecake Factory auf dem Gesundheitskonto ausbalanciert wurde. Der Besuch in der Cheesecake Factory war ein lang gehegter Wunsch. Immerhin ist es kein Geheimnis, dass ich auf Kuchen und Co. stehe. Wenn die Kalorienangaben von 1400-2000 kcal jedoch dafür sorgen, dass ich die Bedienung frage, ob man hier denn von einem Stück Kuchen spricht, wird es unterhaltsam. Wie man bei Kartoffelstampf und Hühnchenbrust sogar fast die 2500 kcal knackt, stellt mich vor ein Rästel. Da hätte auch das Konzept von Calotrade nichts mehr geholfen.
Nachdem ich etwas über 2 Wochen in den USA war, habe ich durchaus an Hüftspeck zugelegt. Kein Wunder, wenn man sich von der dreifachen Menge an Lebensmitteln ernährt. Ich bereue es kein bisschen, dass es Abende gab, die aus einem Sandwich, Fried Rice und Apfelkuchen kurz vor Mitternacht bestanden. Nicht zu erwähnen, dass ich täglich vor dem Frühstück ein Snickers in der Version Peanutbutter gegessen habe. Sport habe ich keinen gemacht und das Schlendern durch die Stadt sorgte erneut für keine Bonuspunkte, wenn man bei Voodoo Doughnuts vorbeischaut. Ein XXL-Donut mit Marshmallow-Creme brachte mich mit nur einem Bissen in den siebten Himmel.
Nun habe ich mit zahlreichen Deliziosen und furchteinflößenden Nährwertangaben um mich geworfen. Was hat das nun mit intuitivem Essen zu tun? Der Ausflug in die Gefilde des metabolischen Syndroms hat sich definitiv auf mein Körperfett, viel mehr jedoch auf mein Wohlbefinden, mein Energielevel und Gefühlswelt ausgewirkt. Ich fühlte mich müde, musste häufiger nappen. Ich war stressanfälliger, manchmal weinerlich und hatte Dank zahlreicher glutenhaltiger Lebensmittel immer wieder Bauchschmerzen. Zurück in Deutschland hatte ich einige Tage mit den Auswirkungen des Jetlags zu kämpfen, bevor ich mich mit meiner Ernährung auseinandersetzen konnte. Was war passiert? Mein Körper hatte sich in kurzer Zeit an die größeren Mengen gewöhnt. Dadurch, dass ich kaum Ballaststoffe zu mir nahm, war ich nach wenigen Stunden wieder hungrig. Ich hatte mich in eine Fressraupe verwandelt. Würde das in Deutschland so weitergehen? Zum Glück kann ich das verneinen. Es sind einige Tage vergangen und mein Gewicht hat sich beinah wieder eingependelt. Wie das?
Die ersten Tage griff ich zwar immer wieder zu Snickers und anderen Süßigkeiten, da mein Körper bei einem Jetlag oft nach schnell verfügbarer Energie verlangt. Dennoch ging mein Gewicht bereits die ersten Tage nach unten. Grund war, dass ich durch die Schlafumstellung auf natürliche Weise zu fasten beging. Je länger ich zuhause war, desto mehr stellte ich auf meine gewohnte Nahrung um. Das inkludiert das obligatorische Stück Schokolade genauso wie einen glutenfreien Pizzateig ohne Carbs. Was intuitives Essen für mich einschließt? Ich esse, wenn ich hungrig bin. Ich höre auf zu essen, wenn ich satt bin. Ich esse nicht aus Langeweile und frage mich bei Heißhungerattacken, durch was sie ausgelöst werden. Emotionaler Stress, der Zyklus oder bin ich vielleicht nur durstig? Heißhunger rührt bei mir selten von Kohlenhydraten oder einem Energietief her. Das herauszufinden, hat einige Zeit gebraucht.
Mein Wohlbefinden ist am größten, wenn ich verhältnismäßig fettarm esse. Proteine und Carbs in jedweder Form verarbeite ich sehr gut. Sehr schwere, reichhaltige Mahlzeiten machen mich träge, müde und sorgen dafür, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann. Ausgenommen davon sind rohe, fettreiche Lebensmittel wie Nüsse oder Avocados. Das muss nicht für jeden gelten, da doch mein Körper bevorzugt fettarme Proteine und Carbs. Gluten bekommt mir ebenso wenig, wie zu viele Milchprodukte. Schnell verfügbare Energie in Form von Glukose führt bei mir nicht zu den berühmten Downs, sondern macht mich fit, gibt mir Energie für den Sport. Ähnliches passiert bei einer fettarmen, proteinreichen Ernährung, wobei mir da immer ein wenig die Energie fehlt.
Wie Glukose verstoffwechselt wird, ist ein sehr interessantes Thema. Viele verteufeln einfach verfügbare Energie ohne jemals zu recherchieren, ob diese Annahme begründet ist. Glukose macht nur unter bestimmten Umständen dick oder ist gar ungesund. Zuviel ist sicher nicht anzuraten, vor allem in Form von stark verarbeiteten Lebensmitteln. Das „zuviel“ gilt jedoch auch für Protein, das ebenso zu Körperfett umgewandelt werden kann und ähnlich der Fructose die Leber und sogar die Nieren belasten könnte. Transfette sind im Gegensatz zu ungesättigten und gesättigten Fettsäuren tatsächlich schädlich. Wer jedoch auf seinen Körper hört und sich abwechslungsreich ernährt, sollte sich darüber wenig Gedanken machen. Befreit euch vom Diktat, was erlaubt ist und was nicht.
Für mich funktioniert das sehr gut. Ich absolviere Wortout-Programme, weil ich die Challenge liebe und mag, die eigenen Grenzen auszutesten. Diese meiste Zeit jedoch halte ich mich an eine Ernährung aus dem Bauchgefühl heraus. Kombiniert wird das mit regelmäßigem Sport, der vorrangig mein Wohlbefinden erhöht. Es funktioniert. Mein Immunsystem ist sehr gut, ich habe eine hohe Grundmuskulatur, bin stressresistent und maximal 3kg schwerer als mit 16 Jahren. Gesundheitsorientiert, sportlich aktiv, Naschkatze und ernährungsbewusst schließen sich für mich nicht aus. Im Gegenteil – diese Aspekte ergänzen sich sogar, wenn man länger darüber nach denkt.
* Dieser Beitrag wird von der WVZ unterstützt.
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