Recap Think-Tank Jenapharm – Warum sich hormonelle und „natürliche Verhütung“ doch nicht ausschließen
Vor einigen Wochen fand der Think-Tank von Jenapharm in Köln statt. Ich habe mich sehr gefreut, zusammen mit anderen Bloggerinnen am Workshop von Jenapharm zum Thema Verhütung teilzunehmen. Für die Entstehung des Recap habe ich mir Zeit gelassen, da ich die Informationen sinnvoll und schlüssig aufbereiten wollte.
Obwohl ich mich schon seit mehreren Jahren mit dem Thema Verhütung beschäftige, hatte ich mehrere Aha-Momente, womit ich offen gesagt nicht gerechnet hätte. Das klingt erst einmal seltsam, ist tatsächlich jedoch positiv gemeint. Man versucht sich gewissenhaft zu informieren und trotzdem entgehen einem manchmal zentrale Aussagen. Wie kann das sein? Vielleicht, weil „altes Wissen“ keinen Platz machen möchte oder einem die selektive Wahrnehmung ein Schnippchen schlägt. Neues anzunehmen oder aufzunehmen gelingt nicht immer. Wenn dem nämlich so wäre, gäbe es weder Fehlinformationen noch gefährliches Halbwissen.
Doch zurück zum Anfang. Auf meinem Instagram-Account @mia_ihring hatte ich im Vorfeld zum Workshop eine Umfrage umgesetzt und euch offene Fragen, Barometer oder Multiple Choice-Auswahlmöglichkeiten angeboten, um ein wenig das Stimmungsbild zum Thema Verhütung abzuklopfen. Insgesamt waren es 10 Fragen, auf welche es ein großartiges Feedback gegeben hat.
Trend hormonfreie und natürliche Verhütung
Der Informationswunsch – auch aus den Umfragen der anderen Influencerinnen heraus – zeichnete sich deutlich ab. Das Interesse an natürlicher Verhütung ist groß. Die Skepsis gegenüber hormoneller Verhütung war ebenfalls deutlich in den Umfrageergebnissen ablesbar. Vielen von euch ist es wichtig, hormonfrei zu verhüten. Eine große Mehrheit von euch möchte gerne seinen natürlichen hormonellen Zyklus behalten.
Ist es dir wichtig, dass dein natürlicher hormoneller Zyklus trotz Verhütung erhalten bleibt?
85,48% Ja, sehr
14,52% Ist mir eigentlich egal
Statt der Antibabypille, die den Eisprung unterdrückt, möchten viele Frauen heutzutage mehr in ihrem natürlichen Rhythmus leben bzw. so wenig wie möglich auf die Natur einwirken. Doch woher kommt der Ansatz, dass eine „natürliche Verhütung“ zugleich hormonfrei bedeutet? Bedeutet „natürlich“, dass der natürliche Zyklus erhalten bleiben soll oder bedeutet natürlich, dass ich konsequent auf z.B. natürliche Familienplanung (NFP) setze?
Der bisherige Konsens lautet für viele, dass hormonelle Verhütung nicht „natürlich“ ist. Daher wird Verhütungsmethoden wie der NFP, der Kupferspirale oder potentiellen Verhütungsmitteln für den Mann so viel Aufmerksamkeit zuteil.
Aus der Umfrage ergab sich, dass die meisten von euch auf Kondome oder die Pille vertrauen. Die ungeschlagenen Klassiker also, die seit Jahrzehnten das Liebesleben in den Betten der Deutschen beherrschen. Auf die Frage hin, über welche Verhütungsmethoden ihr gerne mehr erfahren würdet, war das Feedback (der Top 3) klar.
Über welche Verhütungsmethode/n würdest du gerne mehr erfahren?
47,83% NFP
13,04% Verhütung für den Mann
13,48 % Verhütung mit der Kupferspirale (Kupferball u. Ä.)
Das Stimmungsbild gerät möglicherweise ins Wanken, wenn man sich die genannten Verhütungsmethoden genauer ansieht und sich einige Fragen stellt.
Wie funktionieren die einzelnen hormonellen Verhütungsmittel? Ob Pille, Spirale oder Ring – Schema F oder gibt es Unterschiede? Warum zur Kupferspirale greifen, wenn eine andere Verhütungsmethode vielleicht geringeren Kontrollen unterliegt? Was bedeutet NFP tatsächlich? Wie funktioniert die Methode wirklich?
Unterschiede zwischen hormonellen Verhütungsmethoden
Spannend für mich während des Workshops war das Thema Hormonspirale. Über viele Jahre ging ich davon aus, dass sie ähnlich der Antibabypille als Ovulationshemmer agiert. Natürlich lokal begrenzt auf die Gebärmutter und mit einer viel geringeren Hormondosis, trotzdem aber „ähnlich“ und „nach Schema F“, wenn man an hormonelle Verhütung denkt. Dicker Fail, sowohl für die Pille als auch die Spirale.
Unterschiede zwischen Antibabypillen
Es gibt verschiedene Arten von Pillen: Die klassische Antibabypille als Kombipräparat aus künstlichen Östrogenen und Gestagenen, die Eisprung-unterdrückende Gestagenpille und die Minipille. Die meisten bekannten Antibabypillen (alle Kombipräparate und die Gestagenpillen mit Ausnahme der Minipille) sind Ovulationshemmer und greifen demnach in den natürlichen hormonellen Zyklus ein. Darüber hinaus verhindern sie, dass sich der Schleim im Gebärmutterhals verflüssigt, so dass keine Spermien eindringen können und führen zu einem flacheren Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Die Minipille wirkt ebenso, verhindert allerdings nicht den Eisprung, weshalb sie nicht ganz so sicher ist wie ein Ovulationshemmer. Der Nachteil der Minipille? Minipillen müssen immer zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eingenommen werden, während bei Kombinationspräparaten eine vergessene Einnahme auch einmal innerhalb von 12 Stunden nachgeholt werden kann.
Funktionsweise Hormonspirale
Auf ähnliche Art und Weise wie die Minipille, funktioniert auch die Hormonspirale, jedoch wird das Gestagen nicht über die Blutbahn an die Zielorgane transportiert, denn es ist ja schon dort. Dieses direkt in die Gebärmutter abgegebene Gestagen Levonorgestrel verhindert, dass sich der Schleimpfropf im Gebärmutterhals verflüssigt. Der flüssige Zervixschleim um den Eisprung herum, der sonst auf die fruchtbare Phase hinweist, entsteht sozusagen erst gar nicht.
Der Muttermund bleibt durch den Schleim verschlossen und Spermien können nicht eindringen. Außerdem mindert das Hormon den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, wodurch sich eine eventuell befruchtete Eizelle schlechter einnisten kann. Die Hormonspirale entfaltet ihre verhütende Wirkung in der Gebärmutter, nicht systemisch im ganzen Körper. Damit verändert sie den natürlichen hormonellen Zyklus der Frau im Allgemeinen nicht. Im Gegensatz zur Minipille muss man sich keine Gedanken zur Einnahmezeit machen, was die Hormonspirale sehr sicher macht.
Wichtiges Learning: Nicht alle hormonellen Verhütungsmittel beeinflussen also den natürlichen weiblichen Zyklus.
NFP kann sicherer sein als gedacht
Auch spannend für mich zu erfahren war, dass NFP bei perfekter Anwendung eine durchaus sichere Verhütungsmethode sein kann.* Zumindest in Hinblick auf eine Schwangerschaftsverhütung, nicht in Bezug auf STD’s. In der gemeinsamen Auswertung der Aufwachtemperatur und des Zervixschleims, welcher durch die Beobachtung des Gebärmutterhalses oder des Muttermunds ergänzt werden kann, kann NFP bei perfekter Anwendung einen ähnlich niedrigen Pearl Index wie Kondome vorweisen. Allerdings würde man der Definition nach verstehen, dass man zur fruchtbaren Zeit hin dann gar keinen Sex hat. Verhütet man mit Kondomen, so wäre es nicht mehr NFP, sondern klassisch eine Verhütung mit Kondomen. Der Pearl Index von NFP bei perfekter Anwendung liegt bei 4, der von Kondomen bei 2. Bei typischer Anwendung liegt der Pearl Index von NFP realistisch bei 18 bis 26, der von Kondomen bei 6 bis 18. (Quelle: BZgA)
* Wichtig hierbei ist jedoch die Bereitschaft, sich eingehend mit dem eigenen Körper zu beschäftigen, denn NFP muss über mindestens drei Zyklen erlernt werden, bevor es einen ausreichenden Empfängnisschutz bieten kann. Zusätzlich benötigt diese Verhütungsmethode einen gewissenhaften Umgang, da die Temperatur jeden Tag zur selben Zeit (vor dem Aufstehen und nach einer Mindestzeit von 6 Stunden ungestörtem Schlaf) gemessen und aufgeschrieben werden muss und Rechenregeln strikt befolgt werden müssen.
Kupferspirale versus Hormonspirale
Möchte man sich für eine Spirale entscheiden, tendiert nach Umfrage die Mehrheit zur Kupferspirale, da sie hormonfrei ist. Ohne Zweifel ist die Kupferspirale ein sicheres Verhütungsmittel. Was ich jedoch nicht wusste: sie ist als Medizinprodukt gelistet. Die Hormonspirale hingegen ist ein Arzneimittel und unterliegt damit viel strengeren Auflagen. Wenn ich mich für eine Verhütungsmethode entscheiden müsste, wäre das in meinen Augen tatsächlich „nice to know“.
Final muss jeder für sich herausfinden, ob er mit Kupfer oder Gestagen verhüten möchte, doch für Frauen mit starken Periodenschmerzen bietet sich Kupfer in meinen Augen weniger an. Die Kupfer-2-Ionen provozieren eine lokale Entzündungsreaktion in der Gebärmutter und das kann dafür sorgen, dass die Periode sowohl stärker, als auch schmerzhafter wird. Die Hormonspirale verhindert durch das Gestagen den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, was zu weniger starken Blutungen führen kann. Hormone können in diesem Moment tatsächlich auch Abhilfe für manche Frauen schaffen.
Fazit
Der Workshop von Jenapharm war sehr erhellend für mich. Ich war offen gesprochen vorher eher dem Lager „natürliche Verhütung“ zugetan und hatte eine gesunde Skepsis gegenüber der Antibabypille entwickelt. Einfach, weil meine eigenen Erfahrungen damit nicht besonders gut waren. Das Absetzen war schwierig und hat mir gezeigt, wie empfindlich mein Körper auf einen „künstlichen Zyklus“ reagiert. Dass sich hormonelle Verhütung und ein natürlicher hormoneller Zyklus nicht ausschließen, war mein wichtigstes Learning. Auch, dass nicht jede Pille den Eisprung verhindert. NFP ist nicht unbedingt so unsicher, wie viele denken und die Hormonspirale ist nicht nur sicher, sondern kann Frauen mit schwierigen Perioden sogar Linderung bereiten.
Jeder hat seine eigene Bedürfniswelt und muss schauen, welche Verhütungsmethode die Richtige ist. Nichts ist per se gut oder schlecht, sondern entweder passt etwas zu mir oder nicht. Wichtig ist nur, bestimmte Verhütungsmethoden nicht von Vornherein auszuschließen, weil man vielleicht mangelhaft aufgeklärt ist.
Ich kann dahingehend für mich und all die anderen Bloggerinnen des Think-Tanks sprechen, die viel dazugelernt haben. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern die Welt ist bunt. In diesem Sinne – Spread The Word!
* Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Jenapharm entstanden.
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