Lernt meine Schwester kennen! Talk über die erste Liebe und Verhütung mit #nurwennicheswill

* Dieser Beitrag wird von der Kampagne #nurwennicheswill unterstützt.
Meine Schwester und ich haben ein sehr enges Verhältnis. Das ist für Schwestern nicht ungewöhnlich. In unserem Fall ist die Verbindung etwas Besonderes.
Manchmal sehen wir uns Wochen nicht, um uns dann plötzlich in fast denselben Klamotten gegenüber zu stehen. Wir kaufen in bestimmten Geschäften dieselben Sachen, ohne uns abgesprochen zu haben. Unter tausenden von Teilen landet der gleiche weiße Sweater in der Einkaufstasche. Wir tragen ähnlichen Schmuck und dieselben Piercings, phasenweise sogar denselben Haarschnitt. Meine Mutter verwechselt uns gerne auf die Ferne und bisweilen auch aus der Nähe, wenn sie nicht genau hinsieht. Dabei bin ich einen halben Kopf größer und weniger zierlich gebaut. Viele sagen wir sähen uns ähnlich, wobei ich persönlich mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten finde.
Das gilt auch für unsere Persönlichkeit. Uns beiden wird eine gesunde Portion Wahnsinn attestiert, wobei sie in meinen Augen einen Zacken schärfer unterwegs ist. Ob Männer, die ersten Erfahrungen mit Alkohol, beim Feiern oder ganz unaufgeregt in Alltagssituationen. Sie lässt selten ein Fettnäpfchen aus und manchmal würde ich ihr gerne ordentlich den Kopf waschen. Immerhin bin ich vier Jahre älter, auch wenn man das im Miteinander nicht immer spürt. Sie ist vom Naturell her manchmal etwas unvorsichtig, während ich gerne das Alphatier mime und ein wachendes Auge habe. Sie schätzt meine Zuverlässigkeit und Loyalität, egal in welcher Situation. Ich liebe ihre Energie und Spontanität. Für mich wie Öl, das man in mein unstetes Feuer gießt. Im Doppelpack sind wir für andere nicht immer leicht zu handlen. Sie ist etwas wilder, ich dafür selbstbewusster und beides ergänzt sich einfach wunderbar. Ihr ungestümes Wesen bringt für mich überwiegend positive Dinge mit sich. Wir beide machen keine halben Sachen und sind Stehaufmännchen. Wenn sie mich braucht, bin ich für sie da. Auch sie supportet mich, wenn ich um etwas bitte. Ich liebe unseren Vibe! Daher war es selbstverständlich, dass sie mich bei der Zusammenarbeit für die Kampagne #nurwennicheswill zur Pille Danach unterstützt. Meine ersten Erfahrungen zur Pille Danach habe ich nämlich gemeinsam mit meiner Schwester gemacht.
Mia: Was verbindest du mit der Pille Danach?
Caro: Auf jeden Fall persönliche Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung.
Mia: Ich erinnere mich noch an damals, als du innerhalb eines Monats zwei Verhütungspannen hattest. Du warst gerade einmal Sechszehn. Wie war das damals genau?
Caro: Er war meine erste große Liebe, mein erster Freund. Liebe Grüße an Basti, falls du das lesen solltest. Wir haben mit Kondom verhütet. Kondome sind ja oft das Verhütungsmittel der ersten Wahl, so war es auch bei uns. Es ist leider gerissen. Es hat einen Moment gedauert, bis ich gespannt habe, was da passiert.
Mia: Was war dein erster Gedanke, als du realisiert hast, dass es tatsächlich gerissen ist?
Caro: Ich war noch nie in meinem Leben so panisch. Ich war wirklich ein bisschen am Durchdrehen und so aufgeregt, dass ich mich nicht einmal setzen konnte. Basti hat nicht einmal verstanden, warum ich so aufgewühlt war. Als ich ihm dann erklärte, was Phase ist und wie weit ich in meinem Zyklus vorangeschritten bin und was das möglicherweise bedeuten könnte, wurde auch er nervös. Ich bin bis heute der Überzeugung, dass seine Mutter uns gehört hat. Bei dem Theater, das wir veranstaltet haben, kein Wunder.
Mia: Wie hast du damals von der Pille Danach erfahren?
Caro: Ich wusste durch Freunde, dass ich mir so schnell wie möglich die Pille Danach besorgen musste. Einige Freundinnen hatten schon Erfahrungen gemacht und man tauscht sich ja auch aus.
Mia: Was ist dann passiert?
Caro: Damals bedeutete das für mich erst einmal warten, bis der Frauenarzt am nächsten Tag Sprechstunde hat. Man hatte den Werdegang Arzt, Rezept, Apotheke. Und der Weg zu meiner Ärztin war echt kein Zuckerschlecken. Nicht nur, dass du erzählen musst, dass das Kondom gerissen ist. Nein, du bekommst eine gefühlt dreistündige Standpauke. Ich kam mir wir ein Idiot vor, der zu doof zum Verhüten und total nachlässig ist. Dabei kannst du nichts an der Situation ändern. Wenn es passiert, passiert es. Du kannst es nicht mehr rückgängig machen. Ich hatte das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. Insgesamt – mit allem drum und dran – hat es damals sicher 12-16 Stunden nach der Verhütungspanne gedauert, bis ich endlich die Pille Danach organisiert hatte.
Meine Schwester und ihr Freund waren damals noch unerfahren. Nachdem meine Schwester also die Pille Danach genommen hatte, verlief alles wie geplant. Keine Nebenwirkungen und keine ungewollte Schwangerschaft. Kurz darauf erlebte sie jedoch die nächste Verhütungspanne, denn keine zwei Wochen später riss das Kondom erneut. Ich fuhr sie zu ihrer Gynäkologin. Meine Premiere als Gehilfin. Der erste Vorfall war so stressig, dass sie beim zweiten Mal um Unterstützung gebeten hat. Wenn ich ehrlich bin, habe ich damals glaube ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und ihr ebenso Nachlässigkeit attestiert. Ich war noch mit meinem ersten Freund zusammen und wir hatten nie Probleme, eine Panne blieb mir bis dahin erspart. Ich machte mir natürlich Sorgen um sie. Die Schuldzuweisungen anderer und auch die Vorwürfe, die man sich selbst macht, sind unnötig. Anwendungsfehler bei Kondomen können jedem passieren. Das kann beim dritten oder dreihundertzwölften Mal der Fall sein, ich spreche dahingehend aus Erfahrung.
Mia: Wie denkst du darüber, dass die Pille Danach inzwischen nicht mehr verschreibungspflichtig ist?
Caro: Ich bin ein absoluter Fan davon, weil der Zeitfaktor kein Problem mehr darstellt. Statt Notfall-Apotheke war ich mit einer langwierigen Prozedur konfrontiert.
Mia: Wie stehen deine Freundinnen zur Pille Danach? Sehen manche das Thema kritisch oder sind sie wie du pro sexuelle Selbstbestimmung?
Caro: Die meisten meiner Freundinnen sind sehr aufgeklärt und sprechen offen über dieses Thema. Doch wie in jedem Freundeskreis gibt es 1-2 Mädels, die eher konservativ eingestellt sind. Sie haben das Konzept Pille Danach entweder nicht oder missverstanden. Sie wollen sich damit auch nicht weiter auseinandersetzen. Dann ist von Abtreibung, Nebenwirkungen und Hormonbombe die Rede, also Mythen, die so überhaupt nicht oder nur bedingt zutreffen, nicht aber von eigenen Erfahrungen, die man gemacht hat. Das finde ich sehr schade.
Mia: Was würdest du jungen Frauen auf Basis deiner Erlebnisse und aus heutiger Sicht raten?
Caro: Die Pille Danach ist sehr wichtig und wir Frauen sollten uns nicht dafür schämen, wenn wir auf sie angewiesen sind. Es gibt keinen Anlass, das Thema zu tabuisieren. Ganz im Gegenteil! Würden wir offener über Verhütung und Verhütungspannen sprechen, wäre vielen Mädels und Frauen geholfen. Sprecht also darüber! Man könnte sich gegenseitig Unsicherheiten und Ängste nehmen. Selbstbestimmung ist ein hohes Gut und man sollte schätzen, dass wir es für uns beanspruchen können.
Bildcredit: Monika Antecka
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